Konventionelle vs. nachhaltige Geldanlage
Sucht man nach Begriffen wie “nachhaltigen Investments” oder “nachhaltige Geldanlage”, findet man eine Vielzahl unterschiedlicher Definitionen. Häufig stößt man auch auf Formulierungen wie “Grünes Geld”, “Grüne Unternehmen” oder “Sustainable Finance”. Als Privatanleger kann man in diesem Durcheinander von Definitionen und Begriffen schnell den Überblick verlieren.
Um sich eine bessere Übersicht zu verschaffen, sollten Sie sich zu Beginn an den Kriterien einer klassischen Geldanlage orientieren. Diese lassen sich vom sogenannten magischen Dreieck der Geldanlage ableiten. Das Konzept basiert auf drei Faktoren: Rendite, Risiko und Liquidität.
Jeder dieser Faktoren hat großen Einfluss sowohl auf die Anlageentscheidung selbst, als auch auf die jeweils anderen Faktoren. Diese drei Eckpunkte stehen im Gegensatz zueinander und müssen daher untereinander abgewogen werden. Möchten Sie etwas mehr von einem der Faktoren haben, müssen Sie bei den anderen Faktoren Abstriche machen. Daraus ergibt sich folgendes Konstrukt:
- Geldanlagen mit hoher Sicherheit und hoher Liquidität sind wenig rentabel
- Geldanlagen mit hoher Rendite und hoher Sicherheit sind nicht liquide
- Geldanlagen mit hoher Rendite und hoher Liquidität sind riskant
Um nun noch den Aspekt der Nachhaltigkeit in die Geldanlage einzubauen, wird diese als vierter Faktor in das Modell eingefügt. Sie soll die bereits bestehenden Kriterien um ökologische, soziale und Aspekte der Unternehmensführung (ESG) erweitern. Dabei kann die Nachhaltigkeit die drei bestehenden Kriterien zwar beeinflussen, steht zu ihnen aber nicht zwingend im Konflikt. So kann ein Fokus auf grüne Unternehmen bei der eigenen Geldanlage gleichzeitig dabei helfen das eigene Risiko zu reduzieren.
Grund hierfür stellen die transitorischen Risiken dar, welche Unternehmen mit einem niedrigen Fokus auf nachhaltiges wirtschaften ausgesetzt sein könnten. Die Wirtschaft steht zunehmend strikteren Regulierungen hinsichtlich des Ausstoßes von Treibhausgasen gegenüber. Aber nicht nur die Regulierungen verschärfen sich, sondern auch die allgemeinen Kundenbedürfnisse befinden sich in einem Wandel. Kunden legen immer häufiger Wert auf eine nachhaltige und faire Produktion. Diese beiden Aspekte stellen daher eine Gefahr für die Geschäftsmodelle mancher Unternehmen dar.
Es besteht das Risiko, dass manche Unternehmen diesem Anpassungsdruck nicht gerecht werden könnten und folglich aus dem Markt gedrängt werden.
Grüne Unternehmen - Wie kann man sie erkennen?
Um tatsächlich nachhaltig agierende Unternehmen zu identifizieren ist es wichtig, sich nicht von aufwendigen Marketingmaßnahmen blenden zu lassen. Greenwashing bezeichnet den Vorgang, mit dem Unternehmen versuchen, den Konsumenten und/oder Investor durch gezielte Kampagnen von der Nachhaltigkeit des eigenen Unternehmens zu überzeugen, obwohl diese in der Realität tatsächlich nicht gegeben ist.
Damit sie nicht selbst einer solchen Täuschung unterliegen sondern echte grüne Unternehmen erkennen, sollten Anleger versuchen, insbesondere das grundsätzliche Geschäftsmodell eines Unternehmens zu durchleuchten und zu verstehen. Steht ein Großteil des Umsatzes in Verbindung mit Aktivitäten, welche sich nicht mit den ESG-Kriterien vereinbaren lassen, stellt dieses Unternehmen somit auch keine nachhaltige bzw. “grüne” Investition dar. Es ist so etwa einleuchtend, dass ein Unternehmen wie Shell durch die Exploration und Extraktion von Öl und Gas keine wirkliche Umweltfreundlichkeit aufweist – auch nicht, wenn ein Teil der Produktpalette so beworben wird.
Natürlich lassen sich auch Unternehmen finden, welche sich derzeit in einem Umbruch befinden, auch wenn ihre momentanen ESG-Bewertungen zu wünschen übrig lassen. BP beispielsweise hat sich zum Ziel gesetzt bis spätestens im Jahr 2050 ein Net-Zero Unternehmen zu werden. Dies möchte man insbesondere durch den Ausbau von erneuerbaren Energien erreichen. Wichtig für Anleger ist nun allerdings, nicht blind auf solche Aussagen zu vertrauen, sondern die Entwicklung des Unternehmens genau zu verfolgen. Handelt es sich hierbei lediglich um leere Worte? Bei grünen Unternehmen sollten tatsächlich auch Taten folgen.
ESG-Ratings helfen bei Identifikation grüner Unternehmen
Daten-Anbieter wie MSCI oder Sustainalytics können bei der Identifikation von grünen Unternehmen behilflich sein. So können Anleger anhand von ESG-Ratings sehen, wie das betrachtete Unternehmen momentan aufgestellt ist bzw. wie sich dieses Rating über die Zeit verändert hat. MSCI identifiziert 10 für das Rating relevante Themengebiete innerhalb der drei Grundpfeiler Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Innerhalb der Umweltkategorie sind etwa der Beitrag zum Klimawandel (z.B. Ausstoß von CO2), Verbrauch oder Nutzung von Naturkapital (z.B. Wasserverbrauch) und die Erzeugung von Abfall (z.B. Giftmüll und Elektroschrott) relevant.
Der soziale Bereich wird geprägt von Themengebieten wie dem Umgang mit Humankapital (z.B. Sicherheit der Angestellten), die Verlässlichkeit und Sicherheit der erzeugten Produkte, sowie mit der Frage, ob die verwendeten Materialien aus Konfliktregionen stammen (z.B. Blutdiamanten).
Für die Unternehmensführung ist insbesondere die Corporate Governance als auch das grundsätzliche Verhalten der Unternehmen relevant (z.B. Steuertransparenz). Auch das Potenzial der Unternehmen sich in den Bereichen Umwelt und Sozialem zu verbessern findet innerhalb der Bewertung einen Platz. Die verschiedenen Kriterien werden gewichtet und schließlich in Relation zu der direkten Konkurrenz innerhalb derselben Branche gesetzt. Der resultierende Score reicht von einem hervorragenden Ergebnis (AAA) bis zu einem miserablen Ergebnis (CCC) und muss immer in Relation zu der direkten Konkurrenz des Unternehmens in der entsprechenden Branche gesehen werden.
Diese Ratings bieten somit einen groben Orientierungspunkt für die nachhaltige Strukturierung der Geldanlage. Allerdings sollten die unterschiedlichen Herangehensweisen von Anbietern solcher ESG-Rankings berücksichtigt werden. Probleme bei der Bestimmung solcher Kennzahlen stellen die unklare Definition des Nachhaltigkeitsbegriffs sowie die nicht vollständig aufeinander abgestimmte Berichterstattung der Unternehmen dar. Oft findet man zu denselben Unternehmen bei unterschiedlichen Anbietern auch deutlich voneinander abweichende Ratings.
Ansätze der nachhaltigen Geldanlage
Als Anleger gibt es verschiedene Anhaltspunkte, anhand derer man sich innerhalb des breiten Angebotes an nachhaltigen Finanzprodukten zurechtfinden kann. Die im Folgenden genannten Begriffe lassen sich häufig in den Namen der betrachteten ETFs oder auch aktiven Fonds wiederfinden und stellen den Ansatz dar, auf Basis derer Einzeltitel ausgewählt wurden. Als Investor hat man somit die Möglichkeit, einen für sich passenden Ansatz zu wählen und somit die Intensität, mit welcher grüne Unternehmen im eigenen Portfolio berücksichtigt werden, selbst zu bestimmen.
Durch Ausschlusskriterien (Exclusion Policy) lassen sich einzelne Unternehmen auf Basis vorher definierter Kriterien aus dem zugrundeliegenden Anlageuniversum ausschließen. Hierbei handelt sich um eine tendenziell schwächeren Filter, da zumeist lediglich kontroverse Branchen wie die Tabak- oder Rüstungsindustrie ausgeschlossen werden. Bei einem Ausschlussverfahren wird geprüft, welche Unternehmen einen gewissen Schwellenwert ihres Umsatzes in unerwünschten Branchen erwirtschaften. Je nach Wahl der Schwellenwerte können so viele Unternehmen exkludiert werden, auch wenn diese nur einen Bruchteil ihres Geschäfts in einer kontroversen Branche angesiedelt haben.
Geldanlagen, die sich an den Ansätzen “ESG Aware” oder “ESG Integration” orientieren, stellen die einfachsten Schritte einer ESG-Integration dar. Wirbt ein Anlageprodukt mit ESG-Awareness, dann bedeutet dies, dass dem jeweiligen Anbieter die Wichtigkeit von Nachhaltigkeitsaspekten bewusst ist, er diese jedoch nicht zwingend im Produkt umgesetzt hat. ESG Integration stellt hier den nächsten logischen Schritt dar. Bei diesem Ansatz werden erstmals nachhaltige Faktoren explizit in die Finanzanalyse einbezogen. Über die Relevanz von Nachhaltigkeitskriterien im Investmentprozess wird dabei jedoch keine Aussage getroffen.
Bei einem “Best-in-Class-Ansatz” werden Unternehmen ausgewählt, welche sich hinsichtlich verschiedener ESG-Kriterien als die grünsten Unternehmen innerhalb ihrer Branche definieren. Gemäß dem Namen des Filters kann man sie somit als die Klassenbesten bezeichnen. In Verbindung mit zusätzlichen allgemeinen Ausschlusskriterien sorgt dieser Ansatz für ein strikt gefiltertes Anlageprodukt. Wie viele Wertpapiere tatsächlich enthalten sind, hängt vom jeweiligen Filter ab. Den striktesten Best-in-Class-Ansatz stellt das Socially Responsible Investing (SRI) dar, hier sind lediglich die 25 % der besten Unternehmen aus jeder Sub-Branche des Anlageuniversums enthalten.
Eine besondere Rolle nimmt das sogenannte “Impact Investing” ein. Erklärtes Ziel ist hierbei, dass mit der Investition ein positiver sozialer und/oder ökologischer Beitrag geleistet werden soll. Da der Gedanke der Veränderung bzw. Verbesserung einer Situation im Mittelpunkt steht, ist es dabei auch akzeptabel, wenn eine unterdurchschnittliche Rendite in Kauf genommen werden muss.
Aber auch hier kann das Fehlen klarer allgemeingültiger und verpflichtender Kriterien bezüglich grüner und nachhaltiger Investitionen zu erheblichen Problemen führen. Es besteht durchaus die Gefahr des Greewashings bei dem ein oder anderen Vermögensverwalter. Durch das einfache Ausschließen einzelner Branchen, wie beispielsweise der Waffenindustrie könnte somit definitorisch bereits die schwächste Form der Nachhaltigkeit erreicht und beworben werden. Anleger sollten sich aufgrund der angesprochenen Problematiken deshalb nicht zu sehr auf bestimmte Signalwörter verlassen, sondern sich genau über den im Finanzprodukt verwendeten Nachhaltigkeitsansatz informieren.
Spezialfilter für gezielt grüne Investitionen
Häufig lassen sich zusätzlich ergänzende Filter finden, die das Anlageuniversum weiter einschränken können. So kann etwa der Carbon-Footprint eine relevante Kennzahl sein, um einen Teil der durch ein Unternehmen entstehende Umweltbelastung zu messen. Für die Messung des CO2-Ausstoßes von Unternehmen wird zum einen der direkte Ausstoß berücksichtigt, welcher sich aus dem im Unternehmen befindlichen Vermögenswerte ergibt (z.B. Kohleöfen innerhalb der Produktion), aber auch Emissionen aus der Erzeugung oder dem Zukauf von Energie sowie der nachgelagerte Ausstoß von Emissionen durch den Kunden bei dem Gebrauch der erzeugten Produkte.
Um in grüne Unternehmen mit möglichst geringem CO2-Fußabdruck zu investieren, wurde die sogenannte “Paris-aligned Benchmark” (PAB) entwickelt. Die hier enthaltenen Unternehmen entsprechen dem in der Pariser Klimarahmenkonvention entschiedenen Ziel, die Erderwärmung nicht über 2 °C gegenüber der vorindustriellen Zeit steigen zu lassen. Dazu hinterfragen die enthaltenen Unternehmen unter anderem ihren Einfluss auf die Umwelt und das Klima innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette. Wer in ein Finanzprodukt investiert, welches sich an der PAB orientiert, der fördert aktiv die Bekämpfung des Klimawandels und hat somit einen direkten Einfluss auf Mensch und Natur.